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Die Front zwischen der Föderation und dem Dominion verläuft auf einmal auf der Erde.

Der Krieg ist zu Hause angekommen

Auf Deep Space Nine herrscht ein nervöser Alltag. Das Wurmloch hat sich in der letzten Zeit ohne ersichtlichen Grund wiederholt geöffnet und geschlossen. Derweil hat Jadzia Dax (Terry Farrell) Odo (René Auberjonois) einen Streich gespielt, was der Constable alles andere als amüsant findet, währenddessen Miles O’Brien (Colm Meaney) und Julian Bashir (Alexander Siddig) in ihrem neusten gemeinsamen Holoabenteuer aufgehen. Doch dann erhält die Raumstation eine Nachricht von der Erde: Bei einer Konferenz hat es einen Bombenanschlag gegeben, der vermutlich von einem Gestaltwandler ausgeübt wurde.

Also werden Benjamin Sisko (Avery Brooks) und Odo als Experten für das Dominion zur Erde gerufen. Gemeinsam mit Admiral Leyton (Robert Foxworth)  und dessen Assistentin Captain Benteen (Susan Gibney) werden weitreichende Maßnahmen geplant, um die Welt gegen die Formwandler zu verteidigen. So sollen beim Personal der Sternenflotte sowie deren Angehörigen Bluttests durchgeführt werden, um herauszufinden, ob sie Gestaltwandler sind oder nicht.

Doch Benjamins Vater, der Restaurantbesitzer Joseph Sisko (Brock Peters), weigert sich, als er überprüft werden soll. Er sieht es nicht ein und erleidet wegen all der Aufregung auch noch einen Schwächeanfall. Danach wird Captain Sisko klar, wie sehr er sich von dem Plan, die Erde zu verteidigen, hat vereinnahmen lassen.

Eine dichte Episode

Dabei sind wirklich Formwandler auf der Erde. Einem von diesen begegnet sogar Odo. Doch ehe er etwas unternehmen kann, flieht dieser.

Weitere Gegenmaßnahmen sollen deshalb beschlossen werden. Der Föderationspräsident Jaresh-Inyo (Herschel Sparber) weigert sich allerdings, diese umzusetzen, weil er nicht möchte, dass die Errungenschaften der Friedenszeit geopfert werden. Erst ein Ausfall der Energierelais der Erde, wodurch der Planet gegenüber Angriffen aus dem Weltall schutzlos ausgesetzt ist, überzeugt ihn, doch noch das Maßnahmen-Paket zu unterzeichnen. Woraufhin sich überall Sternenflottenoffiziere auf die Erdoberfläche beamen und beginnen, Wache zu schieben.

Die Front ist der Auftakt zu einem Zweiteiler, der mit Das verlorene Paradies fortgesetzt wird. Und die Macher von Deep Space Nine haben die Möglichkeiten genutzt, die ihnen diese Doppelfolge bietet, um eine Episode zu präsentieren, die inhaltstechnisch sehr dicht gepackt ist.

Die Sorge um die eigenen Eltern

Dabei ist der Anfang von Die Front eher gemächlich. Bis Benjamin Sisko mitsamt Odo und Sohn Jake (Cirroc Lofton) zur Erde aufbricht, dauert es ein Weilchen. In dieser Zeit erfährt man, dass das Wurmloch sich merkwürdig benimmt, dass Odo, was seine Inneneinrichtung angeht, sehr penibel ist und was Chief O’Brien und Doktor Bashir aktuell in ihrer Freizeit gemeinsam unternehmen. Lauter kleine Momente, die die Haupthandlung vielleicht nicht vorantreiben, aber dennoch dafür sorgen, dass die Figuren sich weiterentwickeln.

Und dann verändert sich der Handlungsort und man begibt sich als Zuschauer auf die Erde, wo anschließend die Folge erst richtig losgeht. Langsam, aber sicher wird ein großartiges Gefühl der Spannung aufgebaut, sodass man es teilweise kaum erwarten kann, wie es weitergehen wird, was die Macher sich als nächsten Plottwist einfallen lassen.

Sehr schön ist auch der Kontrast zwischen dem persönlichen Leben von Benjamin Sisko und seinen Verpflichtungen als Offizier. Es ist großartig zu sehen, wie er sich Sorgen um seinen Vater macht, sogar wütend wird, als er erfährt, dass sein gesundheitlich angeschlagener Papa sich nicht an die ärztlichen Vorgaben gehalten hat. Hier merkt man richtig, woher der Captain seine Sturköpfigkeit und gleichzeitig auch Fürsorglichkeit her hat. Und als jemand, dessen Eltern ebenfalls noch am Leben sind, kann man seinen Frust nachvollziehen, weil man sich in einer solchen Situation ebenso Sorgen um seinen Vater machen würde, weil der genauso starrköpfig sein kann, wie Joseph Sisko in Die Front.

Und dann kollidiert das Familienleben mit den Pflichten Benjamin Siskos als Föderationsoffizier. Der Augenblick, in dem er merkt, wie weit er gegangen ist, wie sehr er seinen Vater unberechtigterweise verdächtigte, ist berührend. Und wird von Avery Brooks auch großartig rübergebracht.

Ein nicht zu unterschätzender Gegner

Dabei hat sein Vater mit seinen Argumenten durchaus recht. Denn so etwas wie eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Und bislang sind die Formwandler sehr intelligent vorgegangen, sodass man nicht glauben mag, dass ein solch plumper Test sie wirklich enttarnen würde. Im Gegenteil: Vielleicht ist dies sogar Teil ihres Plans, um Unruhe auf der Erde zu stiften.

Denn, und das muss man auch berücksichtigen, wann immer die Formwandler für Chaos sorgen wollten, waren sie fast immer erfolgreich. Die einzige Ausnahme ist ihr Manöver auf der Defiant (Der Widersacher), wo sie aber nur deshalb gescheitert sind, weil Odo sich für die Föderation entschieden hat. Doch ansonsten muss man beispielsweise nur an den Untergang der romulanisch-cardassianischen Flotte denken (Der geheimnisvolle Garak Teil 2), um zu erahnen, wie schwierig es ist, einen solchen Gestaltwandler zu stoppen. Was ja auch Die Front beweist, inddem eine Szene eingebaut wird, in der ein Formwandler enttarnt wird, aber trotzdem problemlos entflieht.

Die Frage, die sich durch die ganze Episode zieht, ist, welch einen Preis man bereit ist, für Sicherheit zu zahlen. Man kann den Föderationspräsidenten Jaresh-Inyo nachvollziehen, wenn er den Forderungen von Admiral Leyton zunächst ablehnend gegenüber steht. Denn jede Einschränkung der Bürgerrechte, nur um Sicherheit zu erhalten, kann am Ende eine zu viel gewesen sein, sodass, wenn alles vorbei ist, nur noch eine ausgehöhlte Demokratie vorhanden ist. Dass der Präsident dann angesichts der Notsituation einknickt, ist aber ebenso verständlich. Es ist eine Notsituation, in der er unter dem Eindruck der Lage nicht anders agieren kann.

Der hohe Preis der Sicherheit

Man muss hier Die Front übrigens loben, dass sie darauf verzichten, den Föderationspräsidenten als inkompetenten oder korrupten Politiker darzustellen. Genauso wie bei Admiral Layton hat man das Gefühl, dass die Figuren differenziert und glaubwürdig charakterisiert werden. Jede Seite hat ihre eigenen, nachvollziehbaren Argumente, sodass es schwer fällt, sich für eine zu entscheiden. Und ob die bewaffnete Präsenz der Sternenflotte sowie die Einschränkung der Bürgerrechte durch die Blutuntersuchungen letzten Endes eine so gute Idee waren, wird man im Laufe der nächsten Folge sehen.

Wo übrigens hoffentlich auch Odo, Jake Sisko und Nog (Aron Eisenberg) mehr Szenen erhalten. Alle drei hatten ihre Momente, doch insgesamt mussten sie in dieser Episode gegenüber Benjamin Sisko etwas zurücktreten. Und dabei bieten sie so viel Handlungspotential. Schon allein, wenn man hört, wie der Ferengi über seine Erlebnisse an der Akademie erzählt.

Übrigens heißt Die Front auf Englisch Homefront, also Heimatfront. Eine passende Bezeichnung für die Ereignisse dieser Episode, wo der Konflikt zwischen der Föderation und dem Dominion auf einmal quasi vor der Haustür stattfindet.


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Götz Piesbergen
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